The future starts now

Die Abschlußwoche der Zukunftstraumagentur in Büdingen ist zu Ende gegangen. In den Räumen des ehemaligen Familienzentrums haben wir die insgesamt exakt 100 Träume, die wir in Büdingen gesammelt haben, gesichtet, sortiert und ausgewertet. Es hingen Träume von der Decke, es gab  Mini-Traumtheateraufführungen aus Zigarrenschachteln, es wurde auf unserem fliegenden Traumteppich gemeinsam „sozial geträumt“, es war eine kleine Ausstellung gemalter Zukunftstraumszenarien zu sehen (vor allem von Schülern der Stadtschule, tausend Dank nochmal an euch!) – und am Ende gaben wir in unserer Abschlußperformance „Die Träume von Büdingen“ die Zukunftsprognose bekannt. Und die hat es dermaßen in sich, dass wir sie hier vollständig wiedergeben:

BERICHT AUS DEM BÜDINGER MORGENLAND

Neues Hallenschwimmbad und ein besonderer Spielplatz

Eindeutig lässt sich sagen, dass Büdingen in sehr naher Zukunft ein neues Hallenschwimmbad bekommen wird. Mit Fischen drin. Und mit Riesenwasserrutsche. Größer, aufregender und mit mehr Kurven und Wasser. Und einem 10m Sprungturm. Notfalls wird in der Schule ein großes Loch gemacht und daraus ein Pool. Und mit mindestens einem neuen Spielplatz dürfte zu rechnen sein. Dort werden die Gerüste und Spielgeräte von Spielschleim bedeckt sein. Was so ein Erfolg wird, dass die Wasserrutsche im Hallenschwimmbad bald auch zur Schleimrutsche wird.

Jeder wird berühmt, jeder gehört dazu
Zukünftig gibt es nicht nur 15min Ruhm, sondern vollständige Berühmtheit für jeden ein Leben lang. Keine Ahnung wie das funktioniert, vermutlich durch eine nichtprivatwirtschaftliche, simultansprachenübersetzende 3-D-VR-Version von Facebook. Keine Ahnung, ob das wirklich positiv ist, zumindest hebt es das Problem auf, dass Berühmtheit so ungleich verteilt ist wie heute. Ja besser noch: Wenn alle berühmt sind, muss es keiner mehr werden wollen, weil jeder schon weiß, dass der andere etwas Besonderes ist. Jegliche Form von nicht von Theaterleuten ausgehendem falschen Schein, Fake, Postfaktentum, Populismus etc. wird damit zwar nicht abgeschafft, aber unnötig und aufwandstechnisch unattraktiv. Im TV werden dadurch massive Sendekapazitäten frei, die anschließend dafür genutzt werden, Kinder in Kriegsgebieten zum Lachen zu bringen. Das freut dann sogar diejenigen, die Kindern sonst gerne das Fernsehen verbieten wollen, weil es verdumme.

Die WM wird nur noch, regelmäßig und ausschließlich in Brasilien stattfinden.
Das wird viel Schweiß und Nerven kosten, aber wer weiß, wofür es gut ist.

Warenaufstand und Niederlage des Testosterons

Es wird ein Aufstand kommen, der von unseren eigenen Waren ausgeht. Menschen werden von lebendig gewordenen Freddy-Krüger-Kostüm-Krallen verfolgt, kämpfen im All gegen Pokemons, ertrinken in Schokoladenbrunnen und zuletzt wandelt der riesengroße I-Phone-King vernichtend durch unsere Städte. Das weckt weitere unzählige Monster aus der Konsumwelt, von Zombies bis Dinos, die es auf uns abgesehen haben. Natürlich spielen sich die Männer wieder als selbsternannte Weltentretter auf und versuchen mit schierer Muskelkraft, aber auch mit Plasmakanonen, Laserstrahlen, Panzern, Atombomben etc., sich des Problems anzunehmen – werden aber vernichtend geschlagen. Einzig die Verzauberungsstrategien der Frauen führt schließlich zur Zähmung der fiesen Warenmonster. Netter Nebeneffekt: Unter den Überlebenden finden sich neben deutlich weniger Übermännern auch weniger Wutbürger. Und ein deutliches mehr an Frauenpower.

Matriarchat und Entdeckung der Mindcraft

Dieses mehr an Frauenpower führt notwendigerweise zu einer Rückkehr des Matriarchats. Indes in milder, sagen wir, meerjungfrauen- und feenfreundlicher Form. Ein nichttotalitärer Jeder-Gehört-Dazu-Ismus, was man anders auch als echte Demokratie verstehen könnte, bei der niemand durchs Netz fällt. Grundlage dafür ist auch, dass die Kampfstrategie der Frauen im Warenaufstand die zauberhafte Kraft des Träumens und Wünschens offenbart hat, die in der Lage ist, negative Gedanken und Schwarzseherei in positive Handlungen und bunte Ereignisse umzuwandeln. Freilich wurde diese Erkenntnis schon vorher vereinzelt im Verborgenen geteilt, z.B. auf Versammlungen von vor allem auch musischen und musisch interessierten Menschen. Gemäß dem Wahlspruch: Wünschen hilft! Ihre ganze Kraft entfaltet die Idee indes erst im Warenaufstand und Angesichts des Scheiterns des Machertums. Die Männer nämlich wollten beim Weltretten immer starke Solisten sein, die Frauen hingegen waren gemeinsam stark.

Organo- und Gigantotechnik

Da sich beim Warenaufstand viele technische Hilfsmittel des täglichen Lebens endgültig als nicht wirklich hilfreich erwiesen haben, wird die Technik einen neuen Weg einschlagen: Weg von der Miniaturisierung und dem an den Menschen Anschmiegenden, hin zur einerseits sperrigen Gigantotechnik: Riesenbagger und Riesen-RC-Trucks usw. Die kann man so dermaßen nicht übersehen, dass die Benutzungsrisiken besser einschätzbar werden. Das wird auch die Unterhaltungsindustrie verändern: 5-Millionen-Meter-Achterbahnen sind dort der neueste Schrei. Andererseits wird Technik auch direkt organisch: Handys z.B. werden zu Hamsterhandys – und danach komplett überflüssig, also verflüssigen sich. Ebenso wie der künstliche „Streit“ zwischen Technik und Natur.

Menschentiere und Tiermenschen
Damit fällt auch die klare Unterscheidbarkeit von Mensch und Tier. Wer will, kann sich freiwillig zu Hund oder wieder zum Affen machen lassen. Oder sich Feuersalamanderhaut oder Flügel wachsen lassen. Und Einhörner kehren zurück (oder werden endlich Wirklichkeit.) Tierversuche lassen entsprechend nach, denn sie wären meist eine Menschenrechtsverletzung.

Fortbewegung und Rückbesinnung

Autobahnmaut und Elektromotor werden bald überholt sein, denn die meisten von uns werdem aufgrund der Mensch-Tier-Annäherung z.B. durch Flügelwuchs selbst schweben oder fliegen können. Wer das dennoch nicht kann, dem hilft wieder die Gigantotechnik: Düsenraketen, Helikopter, Hoverboards u.ä. werden für jedermann erschwinglich. Auch Zeitreisen werden möglich, indes nur in die Vergangenheit, um z.B. um den überholten Schwarzenegger nochmal nostalgisch beim Muskelspiel bewundern zu dürfen oder die eigenen Vorfahren oder kürzlich Verstorbene zu besuchen. Zu diesem neuen Rückbesinnen auf die eigene Geschichte passt auch eine Gegenbewegung im Bereich der Mobilität, die zugleich logisch mit der Entwicklung unserer Städte zusammenhängt: Einige drängt es zurück zu Pferd und Kutsche.

Naturchitektur
Logisch deswegen, weil wir vor allem bei Städtebau – siehe Organo- und Gigantotechnik – vermehrt wieder zur Naturmaterialien zurückkehren werden: Es wird ganze Städte aus Papier geben, aber auch riesige Wohnblumen und dergleichen mehr. Außerdem werden Süssigkeiten direkt an Bäumen reifen und Brunnen Schokolade spenden. Auch bei der Fortbewegung kommen Pflanzenantriebe und Blumenpropeller zum Einsatz. Und Büdingen selbst wird, zusätzlich zum neuen Hallenbad und dem Schleimspielplatz, im wahrsten Sinne des Wortes „aufblühen“ und bunter werden.

Durch den Klimawandel müssen wir durch, wir werden aber damit umgehen lernen
Die Hinwendung zur Naturchitektur wird uns auch den Klimawandel überstehen helfen. Zwar werden Schneefälle im Sommer, Vereisungen, ganzen Eiswüsten sich auch hier verbreiten, dazu sogar Vulkane ausbrechen. Aber die geballte Mindcraft wird schließlich auch hier die Kontrolle über die Elemente zurückgewinnen. Die Naturchitektur hilft dann für eine ausgewogeneres Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt.

Ende des Geldes
Ach so: Beim Warenaufstand wurde konsequenterweise auch die Gefahr eine erneuten Warenrevolte vermieden, indem man das Übel bei der Wurzel packte: Sämtliches Geld wurde den Flammen übergeben. Mit dem Ende des Geldes notwendigerweise auch: Ende des Kapitalismus. Das Leben verliert seine Lottohaftigkeit Pokerhaftigkeit Casinohaftigkeit.

Permanente Subkultur
Paradiesische Zustände, möchte man meinen. Aber es wird natürlich weiterhin irgendwelche Probleme geben. Dagegen helfen die Subkultur-Piraten aus der Yellow Submarine, die begleitet von viel Musiktamtam überall unerwartet auftauchen, wo geholfen werden muss. Sie hüten den Schatz von Theater- und Klartraum-Technik, die immer dann hilft, wo es selbst die Mindcraft schwer hat.

Soweit der Ausblick. Ein blühendes Büdingen legte dann übrigens auch ganz am Ende der Verzehr unseres Klartraumkuchens frei. Unrealistisch? Nun, zumindest wendeten sich mehr als die Hälfte der in Büdingen gesammelten Träume zum Positiven. Dem Wunsch muss nur noch der Wille folgen… Aber sind 100 Träume, von denen 88 von Grundschülern stammen, ausreichend repräsentativ für die ganze Stadt? Ja, wenn man demografische, Nein, wenn man statistische Maßstäbe anlegt. Daher freuen wir uns auf eine evtl. Rückkehr der Zukunftstraumagentur nach Büdingen im Frühjahr/Sommer 2017!

Dream on!

Eure
ZTA


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