Von sich nähernden Einschlägen – Chronik der Coronatage (32): Donnerstag, 14.05.2020

Schönes Geburtstagsgeschenk für eure Mama, liebe Söhne: Ihre Firma hat Insolvenz angemeldet. Etwa die Hälfte der Belegschaft werde dem Verfahren zum Opfer fallen. Sie ist im Betriebsrat, darf daher quasi Mitentscheiderin sein im bevorstehenden Russischen Roulette. Ggfs. auch über sich selbst.

Unterdessen steigt hier in OF die Inzidenz, lange hatten wir mit die niedrigsten Infektionsraten in Hessen, nun haben wir zuletzt plötzlich ein irritierendes Wachstum. Immerhin aber noch deutlich unter der 50-Leute-pro-Woche-pro-100.000-Einwohner-Grenze.

Von den 4 Theaterfestivals, die ich mitorganisiere und jetzt im Mai hätten stattfinden sollen, sind erwartbar nach und nach 3 Standorte ausgefallen. Nun bangen wir um den letzten Ort als letzten Hoffnungsschimmer. Dass da überhaupt noch etwas passieren könnte, damit war schon nicht mehr zu rechnen. Nun dürfen Veranstaltungen unter 100 Zuschauern wieder durchgeführt werden. Aber die Auflagen sind derart, dass im Prinzip doch nur wenig geht. Etwa die Hälfte des ursprünglichen Programms wird so überhaupt nicht durchführbar sein. Also weiter jeden Tag zittern, telefonieren, diskutieren, beruhigen, trösten, verschieben.

Wenigstens hat Hessen nun ein eigenes 50-Mio.-Hilfspaket für die Kreativen geschnürt. Gegen die langfristigen Folgen wird aber auch das nichts helfen: Frankfurt ist dermaßen von Gewerbeeinnahmen abhängig, die nun massiv wegbrechen, dass die kommenden Etats sich auf das essentiell Notwendigste werden beschränken müssen. Die eigentliche Zeche wird später gezahlt.

Parallel dazu Homeschooling-Nervenkrieg. Zähle die Tage bis zum 2. Juni. Dann soll es 2h Unterricht pro Tag für den Großen geben; wie das mit der Kita für den Kleinen sein wird, ist indes noch völlig unklar. Familie-Feuerstein-Folgen als Belohnungs-Lockmittel funktionieren jedenfalls nur bedingt. Geduld aufzubringen, fällt schwer, auf allen Ebenen. Die hohe Arbeitstaktung, an die ich mich gewöhnt hab, und in die ich leider auch die Kinder nun noch mehr mit hineinpressen muss, ist schlichtweg zu hoch und niemals realistisch. Spielräume lässt sie nur wenig. Gestern Nachmittag konnte mein Körper dann mal nicht mehr: Um 16.00 Uhr, als es eigentlich richtig losgehen sollte mit dem Homeoffice, die Mama wieder zuhause, hab ich erst mal 2h mich hinlegen müssen. Danach ging’s wieder.

Die Lockerungen wenigstens, auch wenn sie gefährlich sind, tun gut. Gestern hat der Große das erste Mal wieder mit einem Freund spielen können. Morgen werde ich das erste Mal wieder Arbeitskollegen außerhalb von Videokonferenzen sehen – im Freien.

Die Hilferufe aus Moria hingegen, der Schande Europas, verhallen nach wie vor unbeantwortet.


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