Roman von Lars Popp. Online-Veröffentlichung. 2012 als “Norlando”. Update für 2020/21 ausstehend.
Aber natürlich: Um die Sphärenmusik und die Sprache der Gottheit in eine Schrift bannen zu können, dafür braucht man die Ziffern! Als Komponente der Zeit. Bilden die Runen nichts anderes als eine archaische Beschwörungsformel? Die erste Handlungsanweisung: erst dieser, dann jener Ton, von einer Ausgangs- zu einer Ankunftssituation; das erste Weltenprogramm, das Vergangenheit und Zukunft, wahr oder falsch entstehen ließ? Darum der Drang, an den Anfang zu gehen: Nur wo die Spaltung entstand, kann sie überwunden, der Quellcode neu geschrieben werden. Dixit Algorizmi – hättest du das gedacht, Muhammadmusa?
Löst aber nicht die heikle Frage: War jener erste Algorithmus bereits fehlerbehaftet, gar Paragraph, mithin danebengeschrieben? Oder wurde die Schöpfung erst durch die Permutationen und Raubkopien, den ständigen Abtastungen danach zum Mängelexemplar?
Roland Iobst, Theorie-Junkie und dementsprechend erfolglos im Leben, wagt einen erneuten Annäherungsversuch an seine Jugendliebe Carola – und erlebt endgültig sein Waterloo. Grund genug, sich wieder in seine Gedankenspiele zu flüchten. Die wachsen sich zu einer Schnitzeljagd in der deutschen Literatur aus, die immer tiefer in die Vergangenheit eines welterschütternden Geheimnisses vorstößt. Bald spielen nicht nur Karl der Große oder die französischen Katharer-Ketzer tragende Rollen – es treten auch mysteriöse Doppelgänger und mächtige Organisationen auf den Plan, um Roland sein Wissen abzujagen. Wem ist noch zu trauen? Ungeheure Fakten und uralte Fiktionen wirbeln durcheinander: bis sich der wahre Gegner offenbart.
Der Roman entblättert eine quasi-satirische Chronik des Krisenjahrs 2001 zwischen Schein und Sein und verschneidet “arthurische” Sage mit Kolportage, die Langsamkeit des Bildungsromans mit der schnellen Oralität des Netzes. Es werden ein Stück Zeitgeschichte und Lebensgefühl am Beginn der Nuller Jahre, Wandelungen und Reaktionäres der Berliner Republik festgehalten und eine Übergangs(männer-)generation porträtiert, die zwischen Verschöwrungstheorie und Antifaschismus, Popkultur und gender politics eigentlich nur ihren Platz im neuen digitalen Zeitalter zu finden versucht.
Supertype oder oder X-te Quest zum Unicode gab es hier seit 2012 als “Norlando Permanent Beta” online zu lesen, wird aber derzeit umfassend überarbeitet. Die “Ausgabe dritter Hand” erscheint 2020/2021 und ist Teil einer losen Trilogie, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Digitalisierung Vernetzung Globalisierung unserer Jahrtausendwende-Wirklichkeit zu nähern versucht.
Bisherige öffentliche Lesungen:
- 29. November 2012, Frankfurt, Glück ist jetzt Club, Reihe Lesebühne des Glücks
- 21. und 23. September 2012, Festival “Kurz.Schluss Vol. II”, Landungsbrücken Frankfurt
- 16. und 19. April 2012 Oktober 2011, Offenbach, Bücherturm der Stadtbibliothek
- 14. April 2012, Frankfurt, Café Salon Chocolat
- 28. Oktober 2011, Mannheim, Kaprow-Bar, zeitraumexit
- 22. Juni 2011, Offenbach-Rumpenheim, Schloßpark-Mausoleum, RUK Kultur e.V.
- 2005, Berlin, Bibliothek am Wasserturm, in der Endausscheidung zum 8. Literaturpreis Prenzlauer Berg
- Juli 2004, Coburg, Gaststätte Münchner Hofbräu, Cross Art e.V.
- Pfingsten 2003, Coburg, Stadtbücherei, Festival “Plakatieren Verboten”
- Winter 2002, Gießen, Festival “ATWentskalender”